Der Weg zum Wunschmandant

oder: Hau raus, wer dich nervt

Viele Kollegen haben mehr als einmal in ihrer Ausbildungszeit gehört: „Vorsicht, der eigene Mandant ist der größte Feind“. Und tatsächlich habe ich als Ausbildungsanwalt diesen Schwachsinn auch unhinterfragt an junge Kollegen weitergegeben. In anderen Dienstleistungsberufen erscheint dieser Gedanke geradezu absurd. Oder möchten Sie sich beispielsweise von jemandem bekochen lassen, der Sie als Gast als seinen größten Feind betrachtet?

Jeder bekommt die Mandanten die er verdient!

Ich habe es lange Zeit für Zufall gehalten, ob ein Mandant sich zum größten Albtraum entwickelt oder zu einem Geschenk der Götter. Dass ICH für meine Mandanten SELBST verantwortlich bin, habe ich nicht gesehen. Ich hatte keine klare Vision, wie meine Mandanten sein sollen. Welche Wertschätzung sie mir und meinem Team entgegenbringen sollen, wie pünktlich und vollständig sie meine Honorarnoten zahlen sollen oder welche Werte ihnen wichtig sein sollen. Ich habe Mandanten so erfolgreich vertreten, dass es die Gegenseite fast wirtschaftlich ruiniert hat. Es ging nur darum, das rechtlich mögliche Maximum für meinen Mandanten herauszuholen, und nicht darum, was für mich gefühlt „richtig“ war.

Vielleicht ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass bestimmte Anwälte immer das gleiche Klientel vertreten. Damit meine ich weniger den Fachbereich, sondern vielmehr die Art von Mandanten. Integer oder unehrlich. Echte Gentlemen mit Handschlagqualität oder solche, die sich nicht an ihr eigenes Wort erinnern wollen. Mir kam immer vor, dass Mandant und Vertreter oftmals ganz gut zusammenpassten.

Würde man dieser Beobachtung unterstellen, dass sich gleiches anzieht, würde das in der Konsequenz bedeuten, dass Sie – sofern Sie klar sind welche Mandanten sie haben wollen – einfach selbst so sein müssen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es nichts Anziehenderes gibt als eine Person mit klaren Werten. Andere Menschen mit gleichen Werten fühlen sich intuitiv angezogen. Umgekehrt stoßen diametral andere Werte auch Mandanten ab.

Wunschmandaten durch klare Positionierung

Umso klarer Sie sich nach außen positionieren, umso stärker wirken Sie als Magnet auf Mandanten. Es macht also Sinn, knackige Webseitensprüche nicht nur von der Werbeagentur texten zu lassen, sondern diese als authentischen Ausdruck Ihrer Werte und wofür Sie stehen zu verstehen.

Entscheidend ist aber nicht, welche Werte irgendwo in der Kanzleiküche an der Wand stehen, sondern wie Sie sie leben. Wie reagieren Sie auf Mandanten, die herablassend gegenüber Ihren Assistentinnen sind? Akzeptieren Sie es, wenn Ihre Honorarnote nicht oder nicht vollständig gezahlt wird? Zahlen Sie selbst Ihre Rechnungen pünktlich und vollständig? Mandanten (und auch Mitarbeiter) „riechen“ Ihre Einstellung quasi „gegen den Wind“. Es ist nicht entscheidend was Sie predigen, sondern was Sie in Ihrer Kanzlei leben.

Es kann also manchmal die beste Entscheidung sein, einen Mandanten, der nicht zu Ihren Werten passt, rauszuwerfen. Bei mir in der Kanzlei kann jeder Mitarbeiter jeden Mandanten rauswerfen. Mittlerweile bekommen wir sogar regelmäßig Blumen, Geschenke oder Frühstücksboxen in die Kanzlei geliefert. Weil die Arbeit auf Wertschätzung basiert. Diese Wertschätzung schätzen wir von unseren Mandanten, und wir freuen uns darüber. Darunter machen wir es nicht mehr. Die Art und Weise wie wir arbeiten, lege ich gerne schon am Beginn des Mandatsverhältnisses fest.

Ich sage so klar wie möglich, was ich von meinen Mandanten erwarte, wie beispielsweise den respektvollen und wertschätzenden Umgang mit meinen Mitarbeitern oder die pünktliche und vollständige Zahlung meiner Honorarnoten. Auch Mandanten gehören erzogen. Die meisten Mandanten sind nette Menschen. Legen Sie gezielt Ihre Spielregeln und Werte zu Beginn des Mandatsverhältnisses fest. Es bedarf etwas Mut, dies klar auszusprechen, Sie werden aber überrascht sein, wie sich Ihre Mandantenstruktur innerhalb kürzester Zeit verändert und Sie werden auch feststellen, dass viele Mandanten klare Spielregeln schätzen. Seitdem müssen wir auch bedeutend seltener unseren Honoraren nachrennen und die Anzahl der Wunschmandanten ist enorm gestiegen.

Alpha-Tests

Achtung, bereiten Sie sich vor, dass Sie getestet werden. Das ist ganz normal. Mandanten (und auch Mitarbeiter) werden Sie immer wieder testen. In der Fachsprache nennt man das „Alpha-Tests“. Sobald Sie Ihre Regeln klargestellt haben, haben Sie sich auch in der zwischenmenschlichen Beziehung als „Alpha“ positioniert, konkret eben als derjenige, der den Status hat, auch diese Regeln vorzugeben.

Viele Rechtsanwälte trauen sich nicht, diese Führungsposition einzunehmen. Sie können sich darauf verlassen, dass Sie mit Sicherheit getestet werden, wie ernst Sie es wirklich meinen. Solange Sie nicht bereit sind, notwendigenfalls das Mandat zu beenden, werden Sie nicht ernst genommen werden. Honorare werden zuerst einen Tag verspätet, dann eine Woche und am Schluss vielleicht gar nicht mehr gezahlt. Solange Sie sich nicht trauen, notwendigenfalls Vollmachten auch wieder aufzulösen, hängen Sie an der Angel des Mandanten. Und das fühlt sich nicht gerade gut an. Solange Sie für sich nicht klar sind, was Sie tolerieren und was nicht, wird sich nichts ändern.

Mit welchen Mandanten Sie sich zufriedengeben, ist daher einzig und allein Ihre Entscheidung.

Um es Ihnen leichter zu machen, probieren Sie es zuerst einmal mit einem Mandanten aus, der Sie sowieso nervt. Zuerst formulieren Sie klar, was Sie von Ihrem Mandaten erwarten – notwendigenfalls einmahnen – und wenn es wieder nicht funktioniert, lösen Sie das Vollmachtsverhältnis auf. Das schlimmste was Ihnen passieren kann ist, dass Sie einen Mandanten verlieren, der Sie sowieso genervt hat. Dann haben Sie entweder mehr Zeit für bessere Mandanten oder für Ihre Familie.

 Beitrag: anwalt aktuell 4/2021

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